Inklusion – Was passiert in Werkstätten für Menschen mit Behinderung?

Menschen mit Behinderungen sind in unserer Gesellschaft allgegenwärtig, aber sie bleiben oft unbemerkt. In der alternden Gesellschaft gibt es viele Menschen mit Diabetes, Körperhilfe, Dialysepatienten und Rollstuhlfahrer. Aber was ist mit den Menschen, die in Wohnheimen und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen leben?
Sendung vom 2021/12/01 19:30:00 GMT+1
Download: pta211201.mp3

340px-Handicapped_Accessible_sign.svg.png

Tatsächlich gibt es in den in der Gruppe der Menschen mit Behinderung eine zwei Klassengesellschaft. So gibt es diejenigen, die als Arbeitnehmer in Betrieben einen geregelten Arbeitsvertrag haben und eines Tages vielleicht krank werden, Nierenversagen erleiden oder einen Schlaganfall. Diese Menschen werden dann zu Schwerbehinderten. Sie haben einen Arbeitsvertrag. Für sie gibt es Gewerkschaften, Betriebsräte Schwerbehindertenvertretung, Integrationsamt, Rentenversicherung die in allen Fragen ihrer Behinderung individuell Hilfe leisten. Es gibt auf der anderen Seite Menschen mit Behinderung, häufig diejenigen, die diese Behinderung von Geburt an haben und in einen Beruf hinein wachsen. Viele von ihnen kommen nicht in den Genuss eines Arbeitsvertrages, sie arbeiten im sogenannten zweiten Arbeitsmarkt, in Behindertenwerkstätten, für die andere Standard gelten, als auf dem ersten Arbeitsmarkt. Hier gibt es keine Betriebsräte, keine Gewerkschaften, kein Integrationsamt. Früher wurden Menschen mit angeborenen Behinderungen in Sonderschulen und Behindertenheime gegeben, damit Pflegepersonal und Helfer sie pflegen und beschäftigen. Man hat diese Menschen damit de facto ausgeschossen. Heute gibt es zahlreiche Inklusionsprojekte in Schulen und Bildungseinrichtungen, so dass auch Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten hier an „normalen“ Ausbildungsgängen in Betrieben und Berufsschulen und im Studium teilhaben können. Soweit die Theorie. Aber unser Gesundheitssystem ist dort weniger durchlässig als das Bildungssystem und es wird immer wieder an Leistungen gespart. Das trifft Behinderte im zweiten Arbeitsmarkt besonders. Teuere speziell angepasste Hörgeräte sind zum Beispiel keine Standardversorgung.

Bei Arbeitnehmer im ersten Arbeitsmarkt zahlt der Sozialversicherungsträger Integrationsamt oder auch der Arbeitgeber Gelder dazu. Im zweiten Arbeitsmarkt gibt es keine zusätzlichen Fördergelder oder ein Integrationsamt. Dabei könnten gerade im Bereich der Behindertenförderung wir viel besser aufgestellt sein. Deutschland ist zum Beispiel führend in der Industrie für Körperhilfen. Das breite Publikum sieht zum Beispiel bei Paralympics Sportler, die mithilfe von Carbon Prothesen weiter höher und besser springen können als vergleichbaren „gesunde“ Athleten. Manche können sogar schneller laufen als Menschen ohne Prothese. In der Schweiz, Deutschland und in Dänemark werden die besten Hörgerät der Welt produziert. Viele Menschen tragen und schätzen diese Körperhilfen. Früher wurde man stigmatisiert, heute trägt im Prinzip jeder Kopfhörer im Ohr und Smartphones am Körper. Mit einer höheren Akzeptanz ist die Verbreitung dieser Körperhilfen angewachsen, aber die Preise für Hörgeräte sind trotzdem im mittleren bis hohen vierstelligen Bereich. Manche Geräte sind im europäischen Ausland zudem deutlich billiger.

Druck_Boehringer_Ingelheim_Inklusion_Foto_Andi_Weiland-71_medium.jpg
Arbeit und Inklusion -- Foto: Andi Weiland

Zwar bezahlen heutzutage Krankenkassen digitale Hörgeräte, Versorgung bleibt aber hinter dem zurück, was einige Menschen in ihrem Leben tatsächlich benötigen. Piktogramm für Menschen mit Behinderung Gerade Menschen mit Behinderung die in den Behindertenwerkstätten arbeiten können sich Zusatzkosten nicht leisten. Und so kommt es zu der paradoxen Situation, dass für Arbeitnehmer zusätzliche Mittel aus der Rentenversicherung, Krankenversicherung Beratung aus dem Integrationsamt und vom Arbeitgeber zur Verfügung stehen, um einen bestmöglichen Arbeitsplatz zu gewährleisten. Behindertenheime, bei denen man annehmen möchte, dass sie bestmöglich für die individuelle Behinderung ausgestattet sind zählen aber nicht als Arbeitsstätten und werden dem zweiten Arbeitsmarkt zugerechnet. Dementsprechend ist das Integrationsamt hier nicht zuständig.

Weiter...